Wednesday, September 19, 2012

Sightseeing in Phnom Penh (15.+16.09.12)


Bevor es mit dem Sightseeing losgehen konnte, musste ich erstmal meine Kamera durch checken lassen, denn sie wollte am Vortag keine Fotos machen - keine gute Aussicht, wenn man kurz vor seinem Trip nach Angkor Wat steht, dem Highlight des Urlaubs. Der Typ bei Canon schaute sich mein Baby mal kurz an und konnte nichts finden, (und dank dem beruehmten Vorfuehreffekt konnte ich ihm auch leider nicht zeigen, wo das Problem lag, denn es funktionierte alles) gab mir aber einen guten Tip. Ich sollte die Kamera immer ausser Reichweite der Klimaanlage lagern, weil diese einfach zu kalt seien und sich in der Kamera Kondenswasser bilden kann. Das habe ich mir zu Herzen genommen und bisher auch keine weiteren Probleme feststellen koennen.

Der Russische Markt in Phnom Penh ist dafuer bekannt, wirklich alles im Angebot zu haben, und da es bereits nachmittags war und wir keine Stadtfuehrung mehr beginnen wollten, fuhren wir einfach dorthin, um mal das Angebot in Augenschein zu nehmen. Zu kaufen gibts dort wirklich fast alles: von Seidenschalen und Schmuck, ueber Klamotten und typischem Souvenirkram (meine geliebten Kuehlschrankmagneten, Schluesselanhaenger usw), Handtaschen und unzaehlige und wunderschoene Schnitzereien/Statuen und Wandschmuck. Leider kann man all das gar nicht kaufen, weil es zu gross und zu schwer fuers Rumreisen ist, aber versuch das mal den Leuten dort klarzumachen. Wirklich Spass macht das Shoppen dort ehrlich gesagt nicht, denn erstens muss man staendig die vielen Angebote der tuk tuk Fahrer ablehnen (alle 5 Sekunden!) und dann kann man auch nicht in aller Ruhe mal schauen, was denn so angeboten wird, da die Verkaeufer selbst einen auch nicht in Ruhe lassen. Hat man einmal Interesse an etwas gezeigt, lassen sie nicht locker. Und die Verkaeufer vom Nachbarstand haben auch noch nicht aufgeben. Und dann gibt es noch die Krueppel und andere Leute, die auf Mitleid hoffen und irgendwelche Kleinigkeiten verkaufen wollen. Ich verstehe, dass wir mehr Geld haben als diese Menschen, aber das macht mich noch lange nicht zu einer reichen Person, die jedem helfen kann. Und das ist doch auch gar nicht meine Aufgabe, oder?

Eine sunset cruise auf dem verdreckten Mekong River wollten Katrin und ich auch machen und obwohl es gerade heftig regnete, machten wir uns trotzdem auf den Weg, schliesslich darf man sich in Suedostasien zur Regenzeit nicht nach dem Regen richten, wenn man nicht ewig auf schoenes Wetter warten will. Meistens regnet es auch nur kurz und nach einem heftigem Schauer ist alles wieder vorbei (zumindest fuer eine Weile). Man sollte meinen, dass die Anweisungen fuer den tuk tuk Fahrer eindeutig genug waren "zum Pier wo die Cruise Boote fuer sunset losfahren". Davon hatte er noch nie was gehoert ("nur 1 Stunde cruise?!?!"), dafuer aber von den Mehrtagestouren nach Vietnam, denn diese versuchte er uns auch gleich netterweise zu verkaufen. Am Pier angekommen fuhr er erstmal dran vorbei und als wir ihm auf die Schulter klopften und darum baten, hier rausgelassen zu werden, verstand er die Welt nicht mehr. Tja, manche Leute kennen halt nur das, was sie kennen wollen (und sich absichtlich dumm stellen hat so manche Leute im Leben weitergebracht). Fuer die Bootsrundfahrt boten sich uns verschiedene Optionen an; entweder eigenes Boot fuer 20 USD oder 5 USD fuer ein sich nach Fahrplan richtendem Boot. Wir haben ja keinen Goldesel dabei, also entschieden wir uns fuer Variante 2. Puentklich zum Beginn der Cruise fing es wieder an zu regnen, sodass wir das obere Deck raeumen mussten und unten Platz nahmen. Wir teilten uns das Boot mit vielleicht 7 anderen Leuten, Platzprobleme gab es also keine. Von der Cruise selbst hatte ich mir etwas mehr erwartet,  auf der einen Seite gings den Fluss hoch, auf der anderen wieder runter. Am Ufer sieht man das Nationalmuseum und den Koeniglichen Palast vorbeiziehen und wenn man sich clever anstellt, schafft man es, ein Foto ohne die vielen Laternenpfahle von diesen schoenen Gebaeuden zu knipsen. Es haette eine beschauliche Cruise werden koennen, wenn die Crew nicht ploetzlich kambodschanische Techno Musik aufgelegt haette. Wenn ich ne Party moechte, dann geh ich dorthin, wo ich sie kriegen kann, aber auf dem Boot hatte ich das nicht erwartet. Naja, andere Laender, andere Sitten....
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Tag 2 in Phnom Penh und fuer heute stand ein straffes Sightseeing Programmauf dem Plan. Mr. Lee, der mich vom Flughafen abgeholt hatte, warb heftig fuer seine City Tour und so buchten wir das an der Hotelrezeption. Wir stellten sehr schnell fest, dass Mr. Lee ein Sammelbegriff fuer alle Fahrer sein muss, denn mein Mr. Lee war ein anderer, als der Mr. Lee, der Katrin vom Flughafen abgeholt hatte (und kein Wort mit ihr sprach, was sie persoenlich nahm). Leider hatten wir fuer die Tour diesen zweiten Mr. Lee erwischt und das war eine grosse Enttaeuschung. Gleich als wir ins Auto einstiegen fragte er uns, wo er hinfahren soll. Bei einer City Tour erwarte ich, dass mich der Guide fuehrt, mich zu interessanten Plaetzen faehrt (schliesslich ist er der Experte und ich derjenige, der keine Ahnung hat) und ein paar Erklaerungen waeren auch nicht schlecht. Wir bekamen nichts von alldem und waren dementsprechend enttaeuscht, wollten uns aber den Tag nicht versauen lassen.

Ein wenig peinlich ist es aber schon, wenn man vom Guide am S21 Tuol Sleng kurz nach 9 Uhr abgesetzt wird, obwohl die erst 10 Uhr aufmachen. Wir wussten also, dass wir von ihm nicht viel zu erwarten hatten und er keine Ahnung hatte. Wir nahmen das Zepter in die Hand, und gaben ihm vor, wo er hinfahren sollte und begannen mit dem Koenigspalast, weil es dort auch immer sehr lebhaft zugehen kann. Gleich beim Eingang erlebte ich wieder eine Ueberraschung, die mich nur mit dem Kopf schuetteln lies. Ich hatte mal wieder ein Top mit viel Armfreiheit und auch der Ausschnitt sass fuer asiatische Verhaeltnisse ein bisschen tief und deswegen hatte ich meinen Sarong mitgebraucht, um mich zu bedecken. Den Sarong mochten sie irgendwie nicht (wie schon in Bangkok) und nach dem meine Aermel fuer lang genug befunden wurden (sie wurden von der Wache nochmal langgezupft) wurde ich reingelassen. Ueber den Ausschnitt sagte komischerweise keiner was! Ein Moench, der mich spaeter auch noch anlaechelte, veranlasste mich zu dem Ausspruch: "Wenn die Moenche nichts dagegen einzuwenden haben, kann Buddha auch nichts dagegen sagen!" Der Palast selbst ist ganz nett anzusehen und in einem wunderschoenen Garten gelegen, in dem kein Grashalm zu gross ist. Allerdings sind die meisten Gebaeude fuer den oeffentlichen Zuschauerverkehr gesperrt und den meisten Gebaeuden darf man sich nicht mal bis auf wenige Meter naehern. Bei dem Eintritt haette da schon ein bisschen mehr dabei sein koennen. Eine grosse Attraktion befindet sich allerdings noch auf dem Gelaende und das ist die Silver Pagoda, die den Smaragd Buddha enthaelt. Der sah genauso aus wie der in Bangkok im 'Temple of the Emerald Buddha' und deswegen bin ich mir gerade gar nicht so sicher, ob es sich dabei nicht um eine Kopie handelt. 

Wenn man mal jemanden auf der Strasse trifft, der zwar auch seine Sachen verkaufen will, dies aber in einer sehr netten Art und Weise tut, muss man das meiner Meinung nach belohnen und so suchte ich beim Verlassen des Tempels "Ms Blue Hat", ein Maedel von vielleicht 14 die uns beim Betreten des Tempels fragte, ob wir Wasser kaufen wollten. Als ich meinte, das wir das vielleicht spaeter taeten, meinte sie nur, wie sollten uns an ihren blauen Hut erinnern. Ausserdem fragte sie mich, wo wir herkaemen und als ich meinte "Germany", erwiderte sie ganz stolz, sie sei aus Cambodia! Wir kauften ein paar Flaschen und sie war happy.

Es ging weiter ins 15km entfernte Choeung Ek, Killing Fields (Voelkermord Gedenkzentrum), wo es an der Zeit war, sich mit der duesteren Geschichte Kambodschas auseinander zu setzen. Zur allgemeinen Geschichte Kambodschas komme ich spaeter nochmal und werde mich hier nur auf die Roten Khmer und ihre Greueltaten beschraenken.

Kambodscha befand sich seit Jahren im Buergerkrieg, hervorgerufen durch die Guerillaaktivitaeten der Roten Khmer gegen die Regierung. 1975 nahmen die Roten Khmer Phnom Penh ein, riefen die Demokratische Republik Kampuchea aus und das Unheil unter Pol Pot nahm seinen Lauf. 
Das neue Regime zerschlug die bestehenden Gesellschaftsstrukturen, um die Voraussetzungen fuer eine uniforme und egalitaere Gesellschaft nach  maoistischem Muster zu schaffen. Die Roten Khmer schafften es innerhalb von nur wenigen Tagen, Phnom Penh komplett zu entvoelkern und dessen Bewohner zwangsumzusiedeln. Man zwang die Menschen aus den Staedten aufs Land um im Reisanbau zu schuften. Intellektuelle, buddhistische Moenche, und Beamte, oder auch jeder, der im Verdacht stand, Widerstand gegen die neue Gesellschaftsform zu leisten, wurden unter grauenvollen Bedingungen (sprich Folter) verhoert und zu erfunden Gestaendnissen gezwungen und spaeter barbarisch hingerichtet. Genaue Zahlen gibt es nicht, aber unter Pol Pot starben ca. 2 Millionen Kambodschaner. Dabei reichte es oft, lesen zu koennen, eine Fremdsprache zu sprechen, eine Brille zu tragen oder gut gepflegte Haende zu haben, denn all diese Dinge liesen darauf schliessen, dass man gebildet sei und man deshalb im Widerstand taetig sein muesste. Wenn man bedenkt, dass Pol Pot selbst Lehrer war und seine treuesten Parteifreunde auch Lehrer und Professoren waren, zeigt das die Schizophrenitaet dieser Leute. Ihr Ziel war es, die Leute klein zu halten und sie bis zum Umfallen fuer ihr eigenes Wohl schuften zu lassen. Sie verbreiteten Angst und Schrecken mithilfe ihrer "Kinderarmee", Maenner die in jungen Jahren rekrutiert wurden, wahrscheinlich selbst unter Androhung von Folter zu diesen Graeueltaten gezwungen wurden und die durch ihr Ungebildetsein keine Fragen stellen wuerden. Sie waren Monster, das muss man eindeutig sagen, schliesslich toeteten sie die zuvor tagelang Gefolterten mit blossen Haenden oder Mascheten und Haken, denn Kuegeln wollte man an sie nicht verschwenden. Selbst Babys und Kleinkinder wurden auf grausamste Weise getoetet, indem man ihre Koepfe gegen den "Killing Tree" schmetterte und sie dann einfach in eine Grube mit ihren Muettern warf. 

Es gibt mehr als 100 dieser Killing Fields, wo diese armen Menschen getoetet wurden und wir befanden uns auf einem von ihnen. Massengraeber wurden hier kurz nach der Befreiung Kambodschas 1979 gefunden und das groesste enthielt 450 Koerper. Alle gefunden Knochen und Schaedel wurden identifiziert und gesaeubert und werden nun in der extra gebauten Gedenkstupa aufbewahrt. Besonders in der Regenzeit passiert es noch heute, dass Knochenteile, Zaehne und Kleidungsstuecke an die Oberflaeche gespuelt werden, die dann sorgfaeltig aufgesammelt und identifiziert werden (so gut wie das eben noch moeglich ist).

Spaeter besuchten wir noch das S21 Tuol Sleng, eines der vielen Foltergefaengnisse von Pol Pot, in dem die Verdaechtigen gefoltert und unter menschenunwuerdigen Bedingungen gehalten wurden, bevor sie auf den Todestransporten zu den Killing Fields ihrem Tod entgegenfuhren. Als wenn all dies nicht schon schlimm genug waere, muss man dabei wissen, dass S21 frueher mal eine Schule war, in der Kinder lernten und Spass hatten. Die Kletterstangen auf dem Pausenhof wurden umfunktioniert und fuer die Folter verwendet. In den Klassenraeumen befinden sich heute verschiedene Ausstellungen und besonders beruehrt haben mich die Fotos all der Gefangenen. Der Ausdruck in ihren Gesichtern reichte von Angst, Trotz, Widerstand, blossem Unverstaendnis, Flehen, gezwungenem Laecheln zu allen moeglichen Emotionen und ich kann gar nicht beginnen mir vorzustellen, wie sie sich in diesem Moment oder spaeter gefuehlt haben.

Nachdem ich letztes Jahr endlich mal geschafft habe, Buchenwald in der Naehe von Weimar zu besuchen, wurden hier natuerlich wieder schlimme Erinnerungen wach und man sollte meinen, dass die Menschheit gelernt hat. Aber gegen wahnsinnige Diktatoren, die Angst und Schrecken verbreiten und sich eine Welt nach ihren eigenen Wahnvorstellungen aufbauen wollen, scheint einfach kein Kraut gewachsen zu sein. Was das Geschehene in Kambodscha so unbegreiflich und tragisch macht, ist dass Kambodschaner ihre eigenen Landsleute gequaelt und getoetet haben; ihre eigenen Nachbarn und vielleicht sogar Familienangehoerige (durch falsche Gestaendnisse). Wenn man diese liebenswerten und netten Leute hier in Kambodscha erlebt kann man sich einfach nicht vorstellen, wie gross der Druck und die Angst gewesen sein muss, um Leute zu solchen Taten zu veranlassen!   

Wie Ihr Euch vielleicht vorstellen koennt, war uns danach nicht mehr nach Sightseeing zu Mute und es war sowieso schon recht spaet und so liesen wir uns von Mr. Lee in der Stadt fuer ein spaetes Mittagessen absetzen, wo wir all das Gesehene erstmal sprichwoertlich verdauen mussten. Am darauffolgenden Tag sollte es dann nach Siem Reap gehen, aber davon dann beim naechsten Mal mehr.


















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