Sunday, February 21, 2010

Vancouver - Eine Stadt im Ausnahmezustand

Da hatte ich mir nun also vorgenommen, regelmaessig von den Spielen zu berichten, um Euch hautnah an diesem Spektakel teilhaben zu lassen, aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Aber egal, machen wir da weiter, wo wir das letzte Mal aufgehoert haben.

Nach der ersten Generalprobe am 8. Februar hatte ich dank meiner Arbeit bei VANOC ein regulaeres Ticket fuer die 2. Generalprobe am 10. Februar vor vollem Haus, welche aufgrund der zahlreichen Zuschauer viel spektakulaerer als ihr Vorgaenger war. Ausserdem traten am Mittwoch alle Saenger auf, was ueberraschend kam, denn eigentlich wird sowas immer bis zur eigentlichen Zeremonie fuer einen groesseren Ueberraschungseffekt geheim gehalten. Ich freute mich riesig ueber Brian Adams/Nelly Furtado und KD Lang (die im Gegensatz zu Brian und Nelly live sang) war einfach nur grossartig!

Der Tag der Eroeffnungsfeier machte mir bewusst, wie verrueckt es in den naechsten Tagen in der Stadt werden wuerde. 5 Uhr in der Frueh begann wieder meine Schicht, so dass ich frueh am Nachmittag nach Hause gehen konnte, mich umzog und dann auf den Weg zu einer Arbeitskollegin machte, um dort in der Gruppe die Eroeffnungszeremonie im TV mitzuverfolgen. Die Stadt war ueberfuellt und man kam nur laufend voran; als ich endlich viel zu spaet in der Wohnung ankam, lief gerade Deutschland ein und ich sah Andre Lange unsere Flagge schwingen! Ich teilte jedem begeistert mit, dass er mein Nachbar sei und ich glaube, jetzt feuern sie ihn auch an!

Arbeitstechnisch ist seit der Eroeffnung der Spiele nichts mehr wie vorher, denn seit dem 16. Februar veranstalten wir pro Tag 3 Hockey Spiele im Canada Hockey Place mit jeweils ca. 18.500 Zuschauern und die Siegerehrungen am Abend im BC Stadium mit nochmal ca. 25.000 Zuschauern. Zeit fuer Pausen bleibt da kaum und dementsprechend schnell gehen die Tage ins Land. Obwohl ich Laufen gewohnt bin, macht mir das viele Stehen zu schaffen und mein Ruecken (Steissbein) schmerzt ungemein. Wenn der ganze Trubel vorbei ist, werde ich mich mal irgendwo zur Massage anmelden.

Gerade die 5 Uhr Schichten haben mir in der ersten Woche zugesetzt, denn obwohl ich mir vorgenommen hatte, rechtzeitig ins Bett zu gehen, klappte das oft aus den verschiedensten Gruenden nicht. Deshalb war ich letzte Woche ueber meine 9 Uhr Schichten ganz froh, denn ich bekam mehr Schlaf. Sehr viel Zeit fuer meine Freunde blieb mir zwar nicht, aber das ein oder andere Mal schafften wir es, uns nach der Arbeit zu treffen, um uns gemeinsam verschiedene Wettkaempfe im TV anzuschauen. Letzten Samstag verhalf uns Fortuna mal wieder zu kostenlosen Tickets zur taeglichen Siegerehrung und anschliessendem live Konzert von den Stereophonics stattfand (die hier in Kanada leider kaum jemand kennt).

Die Stadt selbst ist momentan hoffnungslos ueberfuellt und es gibt einige Stellen in der Stadt, die man aufgrund der Massen am besten meiden sollte, gerade wenn man es eilig hat. Oeffentliche Verkehrsmittel nach der Arbeit nutzen zu wollen ist eine mehr als dumme Idee, denn zu dieser Zeit machen sich Tausende von Leuten auf den Weg zu einem der Hockey Spiele. Die Schlangen vor den Bahnhoefen schlaengeln sich meist vom Bahnsteig bis rauf auf die Strasse und um den Bahnhof drumherum und um Zutritt zu den zahlreichen live sites wartet man mehrere Stunden. Zum Deutschen Haus und dem dazugehoerigen Deutschen Fan Fest, veranstaltet vom mdr und Thueringen, habe ich es zum Glueck auch mal geschafft und erlebte gleich beim Einlass eine grosse Ueberraschung. Wie ueberall wurden die Ausweise ueberprueft und ich wollte zeigen, dass ich neben den vielen Kanadiern in der Schlange Deutsche bin und zeigte meinen deutschen Fuehrerschein, worauf gleich zustimmend kommentiert wurde, dass ich ja aus Suhl stamme und einer der Tuersteher meinte, er sei auch Suhler! Das gab sogleich ein High-Five! Das Zelt selbst war gekrachte voll und wenn man dort den ganzen Abend verbringen will, sollte man nen dicken Geldbeutel dabei haben, schliesslich kostet der Becher Koestritzer Bier 9 CAD und die Bratwurst 7 CAD. Nicht gerade ein Schnaeppchen aber fuer Delikatessen aus der Heimat gibt man das schon mal aus. Mit dem Maedel am Souvenirtisch unterhielt ich mich noch ne Weile und erfuhr, dass sie schon bei den letzten Winterspielen in Turin dabei war und dass sie alle nur zum Arbeiten waehrend der Winterspiele in Vancouver seien.

Heute war ein besonderer Tag und das in vielerlei Hinsicht. Zum einen hat Andre Lange in Whistler mal wieder eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass er der erfolgreichste und beste Bobfahrer aller Zeiten ist und hat im Zweierbob Gold geholt. Das gleiche erwarte ich naechste Woche im Viererbob. Das tollste ist, dass ich naechsten Samstag frei habe und gerade dabei bin, ein Ticket fuer Bob zu ergattern, damit ich naechste Woche live dabei sein kann. Die Deutschland Fahne habe ich bereits im Deutschen Haus gekauft, so dass ich ihn ordentlich anfeuern kann. Auch die Damen haben heute im Biathlon noch mal ordentlich abgeraeumt und den Herren gezeigt, wo der Hammer haengt!

Ausserdem hat heute Kanada im Hockey gegen die USA gespielt und das war in vielerlei Hinsicht das Highlight der gesamten Spiele. Zum einen ist die USA ein grosser Rivale und das Gewinnen eine Frage der Ehre (aehnlich wie bei Deutschland und England im Fussball) und zum anderen haben sich viele dieses Match als Finale gewuenscht. Nun ja, im Nachhinein ist Kanada wahrscheinlich ganz froh, dass es heute nicht das Finale war, denn sie haben 5:3 verloren. Obwohl ich die USA nicht besonders leiden kann und mich immer freue, wenn sie von jemandem geschlagen werden, konnte ich mir trotzdem ein wenig Schadenfreude heute nicht verkneifen, denn Kanada hat diesen Daempfer wirklich dringend gebraucht. Gegen gesundes Selbstvertrauen ist nichts einzuwenden, aber wenn man sich schon im Vorneherein als Olympiasieger und Bester darstellt, muss man mit Fehlschlegen umgehen koennen. Und obwohl sie heute viel Druck nach vorne ausgeuebt haben und die USA dominiert haben, leisteten sie sich eben zu viele Fehler in der Abwehr. Das Spiel habe ich uebrigens in einem Pub angeschaut und die Stimmung war trotz der Niederlage recht gut, auch wenn die nervigen 'Go Canada Go' Rufe nach dem Spiel sehr viel verhaltener ausfielen als sonst.

10 Tage sind vergangen und die Abschlussfeier am 28. Februar steht schon fast wieder vor der Tuer. Wie bereits angekuendigt, werde ich im Maerz fuer den security job nicht gebraucht, so dass ich mich als Volunteer (Freiwilliger) fuer die Paralympics angemeldet habe. In Vancouver selbst ist ja nicht so viel los, sodass ich meine Beziehungen bei VANOC hab spielen lassen und mich fuer Whistler gemeldet habe. Unterkunft wird mir gestellt und so werde ich im Athleten Dorf wohnen und arbeiten. Viele meiner Freunde werden auch dort sein, so dass das Ganze ein grosser Spass werden wird. Meinen Einsatzplan habe ich bereits erhalten, am 6. Maerz gehts los und mein letzter Tag wird der 23. Maerz sein. Zwischendurch habe ich zahlreiche Tage frei und somit die Gelegenheit, Whistler und Umgebung unsicher zu machen. Freue mich schon darauf, endlich wieder meine Kamera auslasten zu koennen!

No comments: