Kurztrips sind Klasse! Vorallem wenn man sich schon seit Wochen darauf freut und vorbereitet. Am Montag nach der Arbeit war es endlich soweit - Katrin und ich nahmen den 23 Uhr Flug nach Toronto. Auf Arbeit wurde ich mehrmals mit dem Spruch "Ach, Ihr nehmt den Rote-Augen-Flug!" verabschiedet und als wir endlich um 6 Uhr in der Frueh in Toronto ankamen, hatte ich eine Vorstellung davon, wie es zu diesem Namen gekommen war. Warum die Fluege in Nordamerika so teuer sind, ist mir immer noch ein Raetsel, denn hervorragend war der Service nicht; ausser ein paar Drinks und furchtbar nach Konservierungsstoffen riechenden Mini-Snacks gabs den ganzen Flug ueber nichts und fuer Filme und TV-Serien muss man natuerlich auch extra zahlen. Das Fernsehprogramm war gratis, dafuer aber auch schlecht (und da mein ich nicht nur den Inhalt, sondern auch die Qualitaet des Bildes).
Wir hatten uns uebrigens fuer die Extremvariante des Kurztrips entschieden und so nahmen wir an diesem Tag alles an Erfahrung mit, was nur irgendwie ging. Das ging los in der U-Bahn von Toronto, die irgendwie nicht auf Reisende mit Gepaeck eingestellt sind. Zumindest weiss ich nicht, wie die das sonst regeln, aber ich blieb mit meinem Gepaeck (kleiner Rollkoffer, Rucksack und Stativ) erstmal im Drehkreuz stecken - es ging weder vor-noch zurueck und erst nach Gepaeckabwerfen und umstaendlichem Rueberreichen war ich erfolgreich. Wie das jemand mit einem 40 Kilo Koffer anstellt, moechte ich gern mal erleben. Weiter ging es dann mit einer 1.5 stuendigen Busfahrt von Toronto zu den Niagara Faellen, waehrend derer wir zu schlafen versuchten. Bequem war es nicht und erholsam kann man den Schlaf auch nicht nennen, aber wir befanden uns im extremen 'Rote-Augen-Stadium', in dem man sich nicht mehr gross beschweren kann. Es gab zwar kostenlosen Internet Zugang im Greyhound Bus (wie zuvor uebrigens auch schon im Shuttle vom Airport in die Stadt), aber ich schlief beim Surfen ein.
Kurz nach 10 Uhr waren wir im kleinen Ort Niagara und checkten in unser hostel ein. Wir waren etwas frueh und konnten unser Zimmer noch nicht betreten (waere ja auch zu schoen gewesen um wahr zu sein) und so gingen wir erstmal eine Kleinigkeit einkaufen und knallten uns in die Sonne. Die hatten wir schon seit Wochen nicht mehr in Vancouver gesehen und genossen die Waerme in vollen Zuegen. Zurueck im hostel legten wir uns erstmal fuer ne Weile aufs Ohr, denn muede sollte man eine Sighseeing Tour nicht beginnen. Hungrig uebrigens auch nicht, deswegen kochten wir noch was leckeres, bevor wir zu den Niagara Faellen aufbrachen.
Wir liefen die ca. 25 minuetige Strecke vom alten historischen Stadtteil von Niagara Falls zum neuen kommerziellen Teil der Stadt, in dem die Niagara Faelle irgendwie fehl am Platz wirken. Das wahre Ausmass des Wahnsinns entdeckten wir erst am naechsten Tag, als wir mit den oeffentlichen Verkehrsmitteln eine kleine Stadtrundfahrt durch den Ort unternahmen und unseren Augen kaum trauten. Wir wussten nicht so recht, ob wir uns nun in einem gigantischen Vergnuegungspark befanden, oder an einem Naturspektakel. Ich war zwar noch nie in Las Vegas, aber so ungefaehr stelle ich mir das vor! Zahlreiche Spieltempel (aehnlich einem Rummel), Casino, Kino, Fast Food Restaurants, unterschiedliche Vergnuegungsparks und ein all gegenwaertiger Laerm, der einen wirklich ueberall verfolgt. Und wenn man sich dann vom Fun Teil der Stadt entfernt hat und in Richtung Wasserfaelle laeuft, droehnt einem das Wasser in den Ohren. Wer noch nicht dort gewesen ist, kann sich das glaube ich nicht vorstellen, aber eine ungeheure Menge Wasser fliesst da die beiden Faelle runter!
Hier mal ein bisschen Hintergrundwissen: Der Niagara River bildet die internationale Grenze zwischen den USA (Bundesstaat New York) und Kanada (Ontario) und die zwei Hauptwasserfaelle befinden sich ebenfalls einer auf der amerikanischen Seite (und werden deshalb auch Amerikanische Faelle genannt) und auf der kanadischen Seite (Horseshoe Falls, weil sie geformt sind wie ein Hufeisen). Horseshoe Falls sind 53 Meter hoch und 790 Meter breit, die American Falls sind 21-30 Meter hoch, was durch den sich aendernden Geroellhaufen am Boden nie so richtig bestimmt werden kann, und 320 Meter breit.
So richtig sehen kann man die beiden Wasserfaelle eigentlich nur von der kanadischen Seite, was wohl die vielen amerikanischen Touristen erklaert. Fuer sie ist es auch nicht sehr schwierig, nach Kanada zu gelangen, schliesslich gibt es einige Bruecken, die ueber den Fluss fuehren und Zoll und Einwanderungsbehoerde beherbergen. Mit denen wollten wir uns allerdings nicht anlegen und gesehen haetten wir von da drueben sowieso nichts, also blieben wir in Kanada. Wir vertrieben uns die Zeit bis zum Sonnenuntergang und warteten auf die Lichtershow. Ja Ihr lest richtig, es gibt natuerlich auch ne Lichtershow und an einigen Tagen der Woche sogar ein Feuerwerk. Die Faelle werden in verschiedenen Farben angestrahlt und wirken total kitschig. Auf Foto wollte ich das natuerlich trotz meiner Abneigung gegen diesen Kommerz bannen und so hielten wir durch; inzwischen durch den umherwirbelnden Spruehnebel schon etwas durchnaesst, aber Ihr wisst ja, dass ich mich durch fast nichts beirren lasse.
Bevor wir am Mittwoch zurueck nach Toronto fuhren, verschafften wir uns auf dem Riesenrad einen Ueberblick ueber little Las Vegas und genossen den Ausblick auf beide Wasserfaelle. Ausserdem taten wir es vielen Tausend anderen Touristen gleich und bestiegen die 'maid of the mist'; ein Boot, das sich wagemutig nahe an die Wasserfaelle heranwagt und seinen Insassen mehrmals taeglich ne saftige Dusche verpasst. Ne klasse Erfahrung, die mich etwas melancholisch stimmte, erinnerte sie mich doch sehr stark an meine tolle Zeit in Milford Sound und meine Arbeit auf den Booten, waehrend der wir fast taeglich Duschen unter den Sterling Falls nahmen! Ach wie vermisse ich Milford Sound und das Fiordland!!!
Am fruehen Abend erreichten wir mit dem Greyhound Bus Toronto und als wir den Bus verliesen, begann es wie aus Eimern zu schuetten. Das durchkreuzte die Sightseeing Plaene fuer den Abend und nach einem Abendessen beim Inder gings muede, sonnenverbrandt und gespannt auf den naechsten Tag ins Bett.
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