Wednesday, August 25, 2010

Ein Appell an meine Landsleute!

Habe ich Euch eigentlich davon berichtet, was ich in meinem Job bei Fraserway RV tagtaeglich mache, als ich vor vielen Monaten meine neue Stelle angetreten bin? Hmm, ich kann mich nicht mehr erinnern und bin zu faul, in meinen alten Berichten nachzulesen. Im Prinzip mache ich das selbe, wie damals in Melbourne (oh Gott, es fuehlt sich an, als waeren Jahre vergangen!) und bediene Kunden, die fuer Ihren Kanada Urlaub ein Wohnmobil gemietet haben, um durchs Land zu reisen. Man sollte meinen, dass ich durch meine Australienerfahrung schon alles in diesem Job gesehen und erlebt habe und mich nichts mehr erschuettern koennte. Tja, falsch gedacht!

Ich kann mir nicht genau erklaeren, warum die Kunden hier in Kanada solch hohe Erwartungen an ihren Urlaub knuepfen, denen man so gut wie nie gerecht werden kann, egal wie sehr man sich anstrengt. Aber gerade den Europaeern, allen voran den Deutschen, kann man es einfach nicht recht machen. Und dabei sind es oft Kleinigkeiten, die ihnen 'den kompletten Urlaub vermiessen'; das Doppelbett ist viel zu klein, beim Fahren scheppern die Sachen hin und her, das Geschirr ist nicht einheitlich und hat verschiedene Farben, leider ist es auch kein Meissener Porzelan, es hat eine Gabel gefehlt, der Wasserschlauch war zu kurz oder man hat die Bettwaesche und Handtuecher nicht in doppelter Ausfuehrung erhalten und musste diese waehrend des Urlaubs waschen. Ausserdem fehlen so lebensnotwendige Ausstattungsstuecke wie Klobuersten, Tischdecken, Holzkohlegrills, Kaffeemaschinen oder Staubsauger (!). Liebe Leute, wacht mal auf und greift Euch selbst an den Kopf (das mach ich jeden Tag, allerdings mehr aus Hilflosigkeit, weil ich einfach nicht mehr weiss, wie ich mit diesem Gemeckere umgehen soll)! Ein Wohnwagen ist nicht das Hilton Hotel und es ist eine gemuetlichere Variante des Campingurlaubs. Ihr wohnt nicht im Zelt sondern in Betten, auch wenn diese nicht so gemuetlich sind, wie Eure Schlafzimmereinrichtung zu Hause. Kaffeemaschinen und Staubsauger sind das letzte, mit dem ich mich waehrend des Urlaubs rumplagen moechte und es geht auch ohne (Platz ist dafuer auch nicht).

Europaeer sind Weltmeister im Beschweren und das hat auch einen Grund. Ueberall liest und hoert man, dass man sich Beschweren muss, um sein Geld zurueckzubekommen. Dagegen habe ich gar nichts einzuwenden. Wenn Dinge schlecht waren, der Service miserabel oder die Qualitaet sauschlecht, dann steht es einem zu, sich zu beschweren, schliesslich will man das erhalten, fuer was man bezahlt hat. ABER, wenn man sich waehrend des gesamten Urlaubs ueber einen nichtfunktionierenden Ofen aufregt, es aber nicht fuer noetig haelt, mal bei uns anzurufen und uns die Chance zu geben, etwas dagegen zu tun, hat man meiner Meinung auch das Recht auf Entschaedigung verloren. So schlimm kanns ja nicht gewesen sein...

Es ist mir ebenso ein Raetsel, warum die Kunden mit ihrem halben Hausstand verreisen muessen. Unsere armen Fahrer, die unsere Kunden vom Hotel abholen und zu unserer Station fahren, heben sich regelmaessig einen Bruch bei all dem schweren Gepaeck. Nachdem ich mit nur einem 20kg Rucksack nach Neuseeland gegangen bin und dies fuer 12 Monate hat reichen muessen, kann ich nicht verstehen, warum jede Person zwei riesige Koffer fuer einen 2 Wochen Urlaub mitschleppen muss. Auch in Kanada gibts Waschmaschinen und wenn man mal ehrlich ist, traegt man sowieso meist das selbe.

Mir ist bewusst, dass nicht jeder Deutsche ein gutes Englisch spricht und das ist auch nicht weiter schlimm, aber ein paar Floskeln kann man sich schon mal angewoehnen, bevor man in den Urlaub faehrt. Man sollte zumindest mal auf die Frage, Hi, how are you today? antworten koennen. Was mich jedes mal mit dem Kopf schuetteln laesst, sind zwei verschiedene Situationen bei uns im office.
Erstens: Die Kunden kommen ins office und reden gleich mal auf Deutsch los. Fuer den ein oder anderen mag das eine Ueberraschung sein, aber in Kanada spricht nicht jeder Deutsch!
Zweitens: Es hat ihnen komplett die Sprache verschlagen und sie sagen gar nichts, starren einen nur an und warten auf ein Wunder. Den meisten Leuten ist ihre Sprache nicht auf die Stirn geschrieben, ich muss also jeden erstmal auf Englisch anreden, um ihren Namen und ihr Anliegen zu erfragen. Sobald ich merke, dass es sich um Deutsche handelt, spreche ich Deutsch mit ihnen. Dafuer muss man aber mit mir reden!

Sobald die Leute merken, dass man aus Deutschland kommen, wollen sie gleich meine gesamte Lebensgeschichte hoeren. Ausserdem denken sie, sie qualifizieren sich fuer eine Sonderbehandlung, sozusagen von Landsmann zu Landsmann (-frau). Bei 50 Abholungen am Taq moechte ich nicht jedem erzaehlen, wie es mich nach Kanada verschlagen hat oder die Frage beantworten, "Sagen Sie mal, wie sind Sie eigentlich nach Kanada gekommen?" (Antwort "Genauso wie Sie, mit dem Flieger!") und staendig ne Ausnahme machen will und kann ich auch nicht ("Ach das Navigationsgeraet koennen Sie mir doch bestimmt kostenlos mitgeben, oder?!"). Wenn es nach mir ginge, wuerde ich viel lieber englischsprechende Kunden bedienen, schliesslich arbeite ich in einem englischsprachigen Land. Ausserdem wuerde ich am liebsten ganz einfach mal die Deutschen vor mir ignorieren und einfach auf Englisch weiterreden, wie ich das oefter mal in Melbourne gemacht habe. Wer mich besonders genervt hat oder unsympatisch war, musste sich mit noch so schlechtem Englisch durch die Versicherungsbedingungen quaelen. Liebe Leute, dass wir so viele Deutschsprechende bei Fraserway RV haben, ist ein Service und den sollte man nicht als selbstverstaendlich sehen!

Zuguterletzt muss ich noch etwas loswerden. Ich weiss dass es in Deutschland unueblich ist, Leuten fuer ihren guten Service Trinkgeld zu geben. In anderen Laendern ist das Gang und Gaebe und viele Leute in der Dienstleistungs- und Tourismusindustrie koennen ohne dieses zusaetzliche Geld kaum auskommen. Springt also mal ueber Euren Schatten und gebt ein bisschen Trinkgeld, wenn Ihr guten Service erfahren habt.

Hier ein Rat fuer alle, die bald in den Urlaub fahren. Lasst Eure Sorgen zu Hause, am besten auch Eure hohen Ansprueche und geniesst die freie Zeit ohne Arbeit und Stress. Freut Euch auf Land und Leute, auf viele neue Eindruecke und behaltet den Spruch "Andere Laender, andere Sitten" im Hinterkopf, bevor Ihr vorschnell ueber Situationen oder Menschen urteilt. Und hier noch ein Zitat von einem relaxten Deutschen, der mal zu mir meinte "Ich bin im Urlaub, nicht auf der Flucht!" Amen!

1 comment:

Andre said...

Hallo Katja,

ha ha ha... Dein letzter Beitrag war gut.

Ich stimme Dir zu.
Den meisten Menschen in Deutschland geht es zu gut.

Und so wird wegen jeder Kleinigkeit gemeckert.

Die Sache ist nun mal so, dass Du Deinen Job nicht verlieren willst.
Somit musst Du freundlich bleiben.

Aber ich will das Thema hier nicht ausdehnen.

Bleib so wie Du bist.
Bewahre Dir Dein gutes Herz.

Lass sie jammern, die Unwissenden.

Das schöne ist ja, dass Du ja nicht ewig
die gleiche Arbeitsstelle hast.

Bye for now.

Andre