Wenn mir jemand vor einem Jahr vorhergesagt haette, dass ich mal Urlaub in Finnland machen wuerde, haette ich nur mit dem Kopf geschuettelt - was sollte mich denn dorthin verschlagen? Ein paar Monate spaeter muss ich sagen - erstens kommt es anders und zweitens als man denkt und so fand ich mich eines schoenen Samstags im Auto meines Bruders Sylvio und wir waren auf dem Weg nach Rostock, um dort die Faehre nach Helsinki zu besteigen. Mit an Board war die Bine (seine Freundin) und alles an Gepaeck, was wir irgendwie ins Auto stopfen konnten. Auf der Rueckbank mit dem Koffer und all der Taschen kam ich mir vor wie in einem Lieferwagen. Schuld daran ist natuerlich nur der Micha, Sylvios Kumpel, der sich in Finnland niedergelassen hat und uns eine Grossbestellung aufgetragen hatte.
Bevor wir in Rostock das Kapitel Faehre begannen, speisten wir noch koeniglich im Besitos, einem spanischen Restaurant und liesen uns einige Cocktails im Rahmen der Happy Hour munden. Hinterher schauten wir uns noch Ice Age 3 im Kino an und waren anschliessend bereit, 26 Stunden auf der Faehre zu verbringen. Die Faehre legt zwar erst 5 Uhr in der Frueh ab, eingescheckt haben muss man aber bereits bis spaetestens 1 Uhr, so dass man noch ewig aufs Ablegen der Faehre wartet. Wir hatten 'bequeme Schlafsessel' gebucht, weil wir auf den Lottogewinn leider noch warten, der uns die Kabine bezahlt haette. Leider war die Lage und das Umfeld der Sessel mehr als unvorteilhaft - kleiner Raum mit 20 Sesseln, stickige heisse Luft, keine Klimaanlage und alle schliefen auf dem Boden, weil die Sessel eben nicht so bequem waren. Das war uns zu bloed und so schliefen wir eben in der Bar, gleich neben den Schildern, auf denen man aufgefordert wird, nicht in der Bar zu schlafen. Als ich schon halb eingedoest war, hoerte ich noch im Unterbewusstsein, dass die Faehre endlich ablegte - unsere lange Reise sollte also endlich beginnen!
Tja, wie verbringt man 26 lange Stunden auf einem raeumlich begrenzten Raum? Mit Schlafen, Karten spielen, Pokern, Kniffeln, Rauchen (was fuer mich entfiel), auf dem Deck rumspazieren und fotografieren (was auf mich zutraf), Essen (Langeweile macht Hunger, leider!) und noch mehr Schlafen.
Montag 8 Uhr finnischer Zeit (die Finnen sind uns eine Stunde voraus) landeten wir endlich in Helsinki und unsere Ausdauer wurde mit schlechtem Wetter bestraft. Eine Stadtrundfahrt hatten wir uns vorgenommen und da konnte uns auch der Regen nicht dazwischenfunken. Den Bus hatten wir fuer uns und so fuhren wir also zu dritt in einem riesigen Bus durchs regnerische Helsinki. Fuer nicht mal 3 Stunden Parkzeit im Parkhaus zahlte ich stolze 12 Euro und nach dem Schreck verliesen wir Helsinki in Richtung Norden. Sylvio fuhr und Bine und ich nickten immer wieder zwischendurch ein, da wir auf der Faehre nicht wirklich bequem geschlafen hatten. Mit Micha verabredeten wir, dass er uns an einer Tankstelle abholen sollte und das war eine weise Entscheidung, denn sein zu Hause mitten im Wald haetten wir wohl trotz detailierter Wegbeschreibung nicht so ohne weiteres gefunden. Gegen 18 Uhr kamen wir dann endlich an und sprangen sofort in die Finnische Sauna, um auszuspannen. Was fuer eine Leistung, nach 3 Tagen Anfahrt hatten wir es endlich geschafft! Jetzt mag jeder sagen, warum seid Ihr nicht geflogen? Tja, waere nicht wirklich guenstiger gekommen und Michas Grossbestellung haetten wir auch nicht ausliefern koennen.
Effektiv hatten wir nur 3 Tage beim Micha, weil wir fuer den Rueckweg auch wieder qualvolle 3 Tage unterwegs waren. Das Wetter zeigte sich recht unbestaendig und es regnete haeufig, wir wurden aber auch mit Sonne belohnt; am letzten Tag sogar soviel, dass ich mich mal wieder etwas verbrannte. Wo waren wir nun genau? Also das Gebiet nennt sich Karelien, ungefaehr 500 Kilometer nordoestlich von Helsinki, schon recht nahe an der russischen Grenze. Naechst groessere Orte sind Joensuu und Kontiolahti, denen wir Besuche abstatteten (die Namen der Sehenswuerdigkeiten konnte ich mir nicht merken, die finnische Sprache ist eher kompliziert). Sehr viel Natur stand auch auf dem Programm und so wanderten wir durch den finnischen Wald und machten einen kleinen Boottrip auf einem der zahlreichen Seen. Elche und Baeren bekamen wir leider nicht zu Gesicht, dafuer aber tausende und abertausende von Muecken. Ich trage noch heute einiger ihrer Andenken. Sogar Micha, ein ueberzeugter Vegetarier und gegen das Toeten, kann sie inzwischen ohne schlechtes Gewissen erschlagen!
Einige Teile Finnlands liegen noerdlich des noerdlichen Polarkreises und das bedeutet, dass im Sommer die Mitternachtssonne scheint und im Winter Polarnacht herrscht. Das wiederrum bedeutet, dass die Sonne im Sommer nicht untergeht und sich dafuer waehrend des ganzen Winters nicht blicken laesst. Karelien liegt zwar suedlich des noerdlichen Polarkreises, aber zur Zeit der Sommersonnenwende wird es auch dort nicht komplett dunkel und momentan wird es nur fuer einige Stunden dunkel, aber nicht tiefschwarze Nacht. Das hat unsere inneren Uhren ein wenig durcheinander gebracht, denn gegen 10 Uhr abends stand die Sonne noch immer recht hoch am Himmel und gegen 2 Uhr in der Frueh war es gerade mal daemmerich. Schaut man auf die Uhr, stellt man entsetzt fest, dass man sich endlich mal ins Bett begeben muesste. Was im Sommer noch ganz ertraeglich ist, stelle ich mir fuer den Winter hart vor! Wenn es nicht richtig hell wird und man trotzdem seinem alltaeglichen Leben nachgehen muss. Kein Wunder, dass viele Leute in Finnland unter Depressionen leiden.
Wie es leider immer so ist, verging die Zeit viel zu schnell und am Freitag hies es Abschied nehmen. Zurueck nach Helsinki ging es in knapp 6 Stunden und dort liefen wir noch mal einige Sehenswuerdigkeiten ab, von denen wir bei der Bustour durch den Regen keine Fotos machen konnten. Danach sollte es eigentlich zum Faehrhafen gehen, aber wir landeten beim falschen Hafen. Oh je, wir kommen wir nun zu unserer Faehre? Das scheint wohl oefter zu passieren, denn man drueckte uns ne Karte+Ausdruck eines Routenplaners in die Hand, womit wir mal leider gar nichts anfangen konnten, denn finnische Strassennamen werden sehr selten oder sehr klein an den Gebaeuden angezeigt, so dass man nicht weiss, wo man sich befindet. Irgendwann hatten wir ne clevere Idee und tricksten das Navigationsgeraet aus (welches die Adresse des Hafens uebrigens nicht finden konnte) und alsbald waren wir auf dem Weg zur Faehre und boardeten sie auch gleich. Sie fuhr um 9 Uhr abends und diesmal war ich so schlau, meinen Laptop mit nach oben zu nehmen, so dass ich das bereitgestellte drahtlose Internet nutzen konnte. Das erlaubte mir, schon mal meine Fotos zu bearbeiten und noch vielen anderen Kram zu machen.
Samstag 11 Uhr legten wir in Rostock an und mit Fahrerwechseln ging es zurueck nach Suhl, wo wir kurz vor 5 Uhr in der Frueh ankamen. Ich haute mich sofort ins Bett, Sylvio und Bine fuhren noch etwas laenger, um nach Hause zu kommen.
Tja, das war also Finland. Das Land der tausend Seen! Ich moechte unbedingt noch mal im Winter wiederkommen, dunkle Tage erleben, all den Schnee sehen und mich wundern, wo sich denn all die Seen und Strassen versteckt haben. Jeden Tag in die Sauna gehen und mich danach im Schnee abkuehlen! Mal schauen, wie ich das in meine Reiseplanung mit einbeziehen kann....
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